Samstag, 21. März 2015

Die Tempelanlage (Wat) in Südostasien (Teil 5)

Das Wat in Thailand, Laos und Kambodscha bildet den Mittelpunkt des buddhistischen Lebens jedes Dorfes. In größeren Städten findet man meist mehrere dieser Tempelanlagen, in Bangkok sind es über 400 und auch in Chiang Mai gibt es ganze zweihundert von ihnen. Neben seiner Rolle als Ort des Gebets und Quartier für die Mönche hat jedes Wat auch eine wichtige soziale Funktion: Hier kommen Menschen zusammen, um sowohl religiöse wie auch nicht unbedingt religiös behaftete Feste zu feiern. Innerhalb der Mauern der Anlage kann es sogar Kinovorstellungen und Musikkonzerte geben. In Phnom Penh, der Hauptstadt von Kambodscha, konnte ich einen sehr gut besuchten Vortrag verfolgen – leider konnte ich nicht feststellen, um welche Art von Vortrag es sich gehandelt hat, weil ich kein Wort verstanden habe. Es war jedenfalls keine Predigt. In manchen Wat hat es schon Rockkonzerte gegeben, häufiger als das auch Feuerwerke. Besonders bekannt sind natürlich die Klosteranlagen der thailändischen Städte Ayutthaya und Sukhothai, wo die Verbindung zwischen Monarchie und Religion anhand der geografischen Nähe von Königspalast und Tempel immer wieder deutlich wird. Etwas untypischer ist die weltbekannte und weltgrößte Tempelanlage Angkor Wat in Kambodscha: Die Anlage war ursprünglich dem Gott Vishnu geweiht und sein Grundriss folgt auch in seiner Form einer symbolhaften Darstellung des hinduistischen Kosmos. Ich werde deshalb in diesem Beitrag vor allem auf Wat in Laos und Thailand eingehen.

Im Folgenden möchte ich die einzelnen Gebäude eines Wat kurz vorstellen. Zwar gibt es in Thailand, Laos und Kambodscha durchaus Unterschiede bei den Tempelanlagen, doch der Grundbauplan ist immer sehr ähnlich. Der Chedi, der einer Stupa in anderen buddhistischen Ländern entspricht, bildet eines der zentralen Elemente eines Wat. Unter dem glockenartigen, häufig mit Blattgold überzogenen Bau verbirgt sich oft eine Buddha-Reliquie. Es wird angenommen, dass viele Chedis selbst Nachbauten eines anderen Chedi sind, der wohl ehemals eine Reliquie enthalten haben mag, da es unmöglich so viele Reliquien des Buddha geben kann wie es Chedis gibt. Besonders große Chedis findet man zuhauf in den Ruinen von Ayutthaya. Die wenigsten Chedis sind jedoch so prachtvoll wie der des Wat Phra Kaeo im Königspalast von Bangkok.

Wat Phra Kaeo (Bangkok)

Das heiligste Gebäude in einem Wat ist der Usobot (kurz auch Bot), die Gebetshalle. Sie muss nach alten Überlieferungen mindestens 21 Mönchen Platz bieten und ist nicht zwangsläufig das größte Gebäude eines Wat. Hier befindet sich jedoch die zentrale Buddha-Statue, die (im Optimalfall) nach Osten schaut. Bei seiner Erleuchtung soll der Buddha nämlich ostwärts geblickt haben, die Bautradition knüpfte an diese Überlieferung an.

Gebetshalle im Wat Ounalom (Phnom Penh)

Religiöse Zeremonien können durch die Mönche nur innerhalb eines Areals abgehalten werden, das durch acht Markierungssteine begrenzt wird. Diese Steine sind rund um ein Bot deutlich zu sehen. Die Außenmauern sind mit Motiven aus dem Leben des Buddha bemalt. Manchmal stößt man auch auf blau bemalte Charaktere, die an indisch-hinduistische Ikonografie erinnern. Die Verzierung ist also recht vielfältig und auch unterschiedlich beeinflusst. In Laos hatte man sich bei der Restaurierung eines Wat in Luang Prabang wohl dafür entschieden, eher moderne Szenen bei der Bemalung zu verwenden.

Wat Tat Luang in Luang Prabang (Laos)

Ein weiteres großes Gebäude im Tempelkomplex ist der Wihan, ein sporadisch eingerichteter Versammlungsraum der Mönche. Hier werden die Meditationen abgehalten, der Wihan kann aber auch normalen Gläubigen als Ort des Gebets dienen. Es gibt einen Glockenturm, aus dem die Mönche zum Gebet gerufen oder morgens aus dem Schlaf geweckt werden. Jedes Wat hat – meist in der Nähe des Haupteingangs – auch ein Häuschen für die Trommel. Die riesige Trommel in diesem Pavillon erklingt an besonderen Feiertagen, so etwa an Tagen des Bootsrennens.

Trommel auf dem heiligen Berg Phousi in Luang Prabang (Laos)

Für die Drachenrennen, die zum laotischen Neujahrsfest abgehalten werden, gibt es meist ein eigenes Drachenrennboot in jedem Wat. Auch dieses Boot hat seinen Platz, in einem Bootshaus am Rande des Tempelareals.

Wat Xieng Thong in Luang Prabang (Laos)

Boote haben vor allem in den Städten entlang des Mekong einen wichtigen Platz in der Architektur der örtlichen Wat, wie man auf dem nächsten Bild sehen kann. Betende können ihre Kerzen in diesen bootsförmigen, mit Sand gefüllten Kasten zu Füßen des Chedi stecken. Räucherstäbchen und auch Kerzen aus Wachs sind wichtiger Bestandteil des Gebets. Sie verbinden das jahrtausendealtes Ritual des Gebets mit Meditation und ritueller Reinigung.

Tat Luang in Luang Prabang

Weitere unfehlbare Gebäude sind die Bibliothek (Hor Trai), in der die heiligen Schriftrollen (Tipitaka) aufbewahrt werden, und ein offener Pavillon (Sala), der den Mönchen zum schattigen Verweilen dient. Manchmal gibt es noch weitere Schreine und Pavillone mit Buddha-Statuen und heiligen Artefakten.

Goldene Statuen im Wat Sisavan Tevalok bei Luang Prabang

Einige Wat haben auch ein eigenes Krematorium, wohin Angehörigen eines Verstorbenen den Leichnam in einer fröhlichen Prozession überführen. Anders als in westlichen Auffassungen hat man im Buddhismus eine andere, sehr viel positivere Einstellung gegenüber dem Tod.
In Laos wie auch in Thailand finden sich so gut wie keine Friedhöfe. Nach buddhistischer Tradition werden die Toten verbrannt, die Asche wird danach beerdigt. Es bleibt normalerweise nicht viel übrig von einem verstorbenen Menschen, doch in vielen Wat befinden sich an der Mauer, von der die Tempelanlage umschlossen wird, kleine oder große Grabstelen und Obelisken, in denen Urnen bestattet werden. Im Wat Si Saket in Vientiane, der Hauptstadt von Laos, stehen sogar sehr viele dieser Gräber, von denen die meisten größer sind als im Rest des Landes.

Wat Si Saket in Vientiane (Laos)

Von den heiligen Bezirken getrennt, aber meist in nächster Nähe zu den religiösen Gebäuden eines Wat stehen die Wohnquartiere (Kuti) der Mönche. Hier sieht man nach der Wäsche aufgehängt Kutten, zum Trocknen ausgelegten Reis oder auch das Auto des Klostervorstehers.

Wat Sisavan Tevalok bei Luang Prabang

Die Mönche und jungen Novizen, die im Wat ordiniert wurden, leben auf dem Gebiet der Tempelanlage in Häusern, Hütten und Zellen, die je nach Größe des Wat mal mehr, mal weniger luxuriös oder ärmlich eingerichtet sind. Wikipedia klärt uns darüber auf, dass in Thailand etwa ein Drittel der männlichen Jugendlichen zwischen 12 und 18/20 Jahren für ein bis sechs Jahre als Novizen im Tempel lebt und von dort aus auf besondere Mönchsschulen geht. Für die Familie ist es ehrenwert, wenn ein Angehöriger ins Mönchtum eintritt, denn Mönchen, Novizen und Nonnen wird in der Gesellschaft viel Respekt entgegengebracht. In ärmeren Ländern wie Laos gibt das Mönchtum außerdem eine gewisse Sicherheit für viele Familien, da am Tisch ein Magen weniger zu füllen ist und der junge Novize gleichzeitig eine gute Bildung bekommt. Religiöse Gelehrsamkeit oder eine Ausbildung in Meditation sind hoch angesehen. Buddhistische Mönche zeichnen sich durch ihre safranfarbene Kleidung aus und durch die Armut, in der sie leben. Zum Tagesablauf eines Buddhisten oder einer Buddhistin gehört auch die Gabe von Almosen, wenn die Mönche im Morgengrauen nur mit ihrem Gewand und einer Almosenschüssel ausgestattet das Kloster verlassen und Spenden in Form von Reis einsammeln. Das Geben von Almosen verbessert nach buddhistischer Vorstellung das Karma und erhält gleichzeitig das Mönchtum am Leben. Mittels finanzieller Spenden wird jedes Wat durch reiche Mäzenen wie arme Gläubige gleichermaßen getragen.


Wat in Ayutthaya
In den Tempeln können Gläubige Opfergaben kaufen – meist Räucherkerzen oder Lebensmittelpakete – und dann bei einem Gebet vor einer der Buddha-Statuen abstellen. Was genau in den Päckchen drin ist, die auf dem obigen Bild zu sehen sind, weiß ich nicht. Es könnte sich vielleicht um Textilien handeln. Anderswo kann man auch diesen lustigen Zeitgenossen begegnen:

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