Dienstag, 29. Mai 2012

Noch ein Kommentar...


Eine Ergänzung zum Thema Islamdebatte bzw. Debatte um das (jahrhundertealte) Studienfach Islamwissenschaft:
Auf dem Blog der "Deutschen Lobby" wurde genau derselbe Beitrag veröffentlicht, den ich in meiner letzten Veröffentlichung schon kommentiert hatte. Natürlich musste ich auch dort eine Wortmeldung loswerden. Für den Fall, dass der Weblog der "Deutschen Lobby" meinen Kommentar nicht freischaltet:

"Seit wann darf man plötzlich nicht mehr studieren was man will? Warum sollen andere Fächer wie Ethnologie, Slawistik oder Soziologie so viel besser sein als Islamwissenschaft? Oder sind sie das etwa nicht? Hmm, warum schreibt man dann nicht gegen solche Studienfächer?
Die Frage “Warum tut man sich als junger Mensch tatsächlich jahrelang diese Selbstquälerei und Selbstindoktrinierung an?” zeugt von vollkommener Ahnungslosigkeit. Nicht zu vergessen ist außerdem die Tatsache, dass Islamwissenschaft kein neues Fach ist.
“Alle Macht dem Islam” – einen größeren Unfug hat die Welt noch nicht gehört. Und klar, die Regierung wird dahinter stecken. Mit Verlaub, wenn sich das “Deutschtum”, das von solchen glorreichen Blogs repräsentiert wird, nicht anders zu helfen weiß, als mit Verschwörungstheorien gegen die im Westen seit der Französischen Revolution hart erkämpften Bürgerrechte vorzugehen und Unmut in den Reihen der selbsternannten Stammtischsoziologen zu schüren, dann sieht es wirklich düster aus."

(Sollte der äußerst geistlose Beitrag der Pseudo-Patrioten noch weitere Internet-Plattformen erreichen, werde ich wohl immer dieselben Aussagen in unterschiedlicher Verpackung als Kommentar anhängen...)

Freitag, 25. Mai 2012

Der Groll auf die Islamwissenschaft

Viele Experten äußern sich zu "dem Islam" und zu "den Muslimen", zum Islamismus, zum Salafismus und so vielen anderen Themen, von denen sie doch gar keine Ahnung haben. Überdies ist nicht jeder Kommentar nötig, nicht jeder Beitrag von Nutzen. Unsere Medienlandschaft ähnelt einem virtuellen Stammtisch - und an jedem Stammtisch finden sich heutzutage unzählige selbsternannte Soziologen. Sie nehmen alles ins Visier, das die Debatte um "den Islam" nicht mit erhobenem Zeigefinger auf randalierende Salafisten reduziert. Im Kampf um die Wahrung unserer "christlich-jüdischen Werteordnung" ist sogar das Absinken auf's unterste Niveau erlaubt.

Auf sehr exemplarische Art und Weise setzte sich auch "Kybelines Weblog" ("Europäische Werte") mit einem Spiegel-Artikel zum Thema Islamwissenschaften auseinander. Der ursprüngliche Artikel im Spiegel (hier) beschrieb den Ansturm auf das Fach Islamwissenschaft in den letzten Jahren. Das Interesse an einer orientalischen Religion und Kultur wächst stetig. Allein die verstärkte Beschäftigung mit dem Fremden und uns Unbekannten läuft bei einschlägigen selbsternannten Kämpfern des Westens schon in die Kategorie "Islamisierung Europas".
Der Kommentar auf Kybelines Weblog steht unter dem Titel "Spiegelpropaganda für den rosaroten Islamismus: Darum studieren junge Ethno-Deutsche Islamwissenschaften". Der Inhalt ist genauso lächerlich wie erkenntnisleer. Er endigt mit einer Frage: "Warum tut man sich als junger Mensch tatsächlich jahrelang diese Selbstquälerei und Selbstindoktrinierung an?

Leider hat der Autor vergessen, diese "Selbstquälerei" genauer zu beschreiben... Vielleicht nutze ich hier die Gelegenheit, um die unwissenden Pseudo-Experten aufzuklären:
1. Islamwissenschaft ist ein ganz normales Studienfach an deutschen Universitäten.
2. Das Fach Islamwissenschaft ist nicht neu: Schon mit der Gründung der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft im Jahre 1845 begann das Interesse an der Erforschung islamischer Religion und Kultur zu wachsen.
3. Die Islamwissenschaft ist ein akademisches Fach, eine Wissenschaft. Hier geht es nicht um Propaganda oder - was auch immer man darunter verstehen will - "Islamisierung". Wir sitzen nicht in unserem Kämmerlein und überlegen uns, wie wir Deutschland die Scharia aufzwingen können... auch wenn das so mancher Schreihals hofft.

Mit welchem Recht nehmen sich manche Menschen die Frechheit, Studierende einer bestimmten Fachrichtung allein aufgrund ihrer Studienwahl zu verunglimpfen? Der Kollege von Kybelines Weblog geht auf die Studenten ein, die schon im ursprünglichen Spiegel-Artikel ihre Beweggründe darlegen. Er beschreibt sie als "angeblich auf dem Höhepunkt ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit und Perfektion,   genau so wie die Aktimel[sic!]-Konsumenten" und versucht, im Spiegel Formulierungen der Werbebranche zu entdecken.
Es stellt sich die Frage: Was bezweckt der glorreiche Schreiber dieses unnötigen Kommentars überhaupt? Ist ein Mensch, der nicht einmal Actimel richtig schreibt, überhaupt ernst zu nehmen? Will er die Diskussion in die Kommentare verlagern, die unter seinem Geschriebsel folgen? Dort kann man dann an so manch erfrischender Erkenntnis teilhaben. Menschen mit so "verschmockten Vornamen" hätten früher Kunstgeschichte studiert.

Es ist sehr schade, dass ich solche Blogeinträge schreiben muss. Viel interessanter wäre es, sich mit Deutschland und unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen, mit der Pluralität und dem wunderbaren Rahmen, den uns das Grundgesetz gewährt. Unqualifizierte Kommentare zu akademischer Forschung und Lehre, von der die wenigsten selbsternannten "Experten" eine Ahnung zu haben scheinen, halten uns auf in der Diskussion um Möglichkeiten unserer Gesellschaft, sich zu entwickeln und sich bereichern zu lassen, ohne sich dabei komplett umzukehren. Während man in der Schlacht um das christliche Abendland die Juden mit ins Boot zwingt - was heuchlerisch genug ist, wollte man sie doch jahrhundertelang verbrennen, was man letztlich auch getan hat - vergisst man die Denker und Revolutionäre, die für unsere freie Gesellschaft gekämpft haben. Unsere Freiheit hat das abendländische Europa durch die Französische Revolution, die Aufklärung, den Vormärz und die 1848-Revolution erlangt. Minderheiten wurden emanzipiert, Gleichberechtigung setzte sich durch.
Sollten wir uns nicht vielmehr darauf konzentrieren, die Errungenschaften unserer Väter neu zu ergründen und unsere Gesellschaft so gegen mittelalterliche Religionsgesetze - egal von wo sie kommen mögen - zu schützen?

Die Islamdebatte geht im Kreis. Doch allein die Tatsache, dass sie geführt wird, ist lobenswert. Über die Art und Weise lässt sich streiten. Gegen emotional geladene und wahlkampftriebgesteuerte Politiker im Fernsehen kann man nur wenig ausrichten - unseriöse Blogger jedoch bekämpft man mit ihren eigenen Waffen.
Und zu inhaltlichen Themen, die die Gesellschaft berühren, melde ich mich demnächst an anderer Stelle nochmal zu Wort.


Einen ähnlichen - jedoch kürzeren - Kommentar habe ich auch auf Kybelines Weblog hinterlassen. Ich glaube jedoch kaum, dass er dort freigeschaltet wird.